Erlebnisbericht

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Ein kleiner Erlebnisbericht über unser Ehemaligentreffen im November 2008

Dank unseres Studienkollegen Torsten Moche war es uns vergönnt am 15.112008, im Rahmen unseres Ehemaligentreffens das Kraftwerk Boxberg zu besichtigen.

Dem Energiespargedanken verpflichtet, der unsere moderne Gesellschaft prägt und durch ebenso moderne Spritkosten geradezu induziert wird, haben sich einige Fahrgemeinschaften gebildet, um das Reiseziel Boxberg zu erreichen. Eine solche bestand aus dem Kollegen Micha Roick und mir.

Es sei vorweggenommen, dass ein solches Kraftwerk von innen zu sehen, selbst für Nichttechniker durchaus hoch interessant sein kann. Für mich, als vom Technikwahnsinn befallen, ist es ein kaum zu überbietendes Erlebnis. Schon auf dem Weg nach Boxberg gingen mir viele Gedanken zum Thema durch den Kopf. Irgendwann wurde ich dann von heftigem Lichthupen des Gegenverkehrs aus meinem Tagtraum gerissen - aaah ein Blitzer - mitten im Wald (außer Wald war jedenfalls nach der Autobahnabfahrt bis dahin nichts zu sehen). Doch dann plötzlich tauchten sie auch schon auf, die gewaltigen Schlote des Kraftwerkes, die ja, wie wir später erfahren haben, gar nicht mehr in Betrieb sind. Da diese auch noch fast durchgängig schwarz sind, erstellte sich uns ein faszinierendes und gleichzeitig irgendwie bedrohliches Bild.

Auf dem Kraftwerksgelände eingebogen, wurden wir von den bereits anwesenden Kollegen empfangen. Entgegen meiner sonstigen (tradionellen) Ankunft als Letzter, war ich diesmal pünktlich.

Naja, irgendwie hätten mir hier die Mitschriften einer Kommilitonin auch nicht so wirklich weitergeholfen (nochmal ein Dank für die Unterstützung während der Studienzeit an Anja :) ...

Nachdem dann irgendwann alle eingetroffen waren, hat uns der Kollege Moche in den fantastisch gestalteten Informationsräumlichkeiten einen ersten Einblick in die Elektroenergieerzeugungsindustrie gegeben.

Nach ein wenig "Lebens"-und Entwicklungsgeschichte des Kraftwerkes Boxberg ging es dann Richtung Block Q, dem nach modernster Technik nach der Wende neu errichteten Kraftwerksblock.

Mit dem Fahrstuhl hoch auf 14 komma und m. Das Herzstück des Blockes - Generator und Turbine. Auf Bildern, die sicher hier zu finden sein werden, ist es zu sehen - gewaltig groß und gleichzeitig eigentlich für die Energie, die hier erzeugt (genau genommen natürlich nur umgewandelt) wird, wiederum relativ klein. Es ist laut. Man kann sich noch unterhalten, muss aber schon mit kräftiger Stimme sprechen. Maschinengeräusche, die eben bei so einer Leistung auch irgendwie dazugehören. Der Generator bringt 900MW elektrische Leistung (das reicht gleich mal für 450.000 Herdplatten). Und nun geht die Rechnerei in meinem Kopf schon los. P=U*I ... Bei 27kV Ausgangsspannung müssen ja da immer noch über 10.000 Ampere durch die Generatorwicklungen fließen. Als Elektroniker können einem ja schon 10A die Schweißperlen auf die Stirn treiben....

Vorbei an einem freiliegenden Stück Welle zwischen Generator und Turbinensatz - 50cm?, 80cm? - keine Ahnung wie der genaue Durchmesser ist - aber auch hier schon wieder Rechnungen. Wie war das? P=M*n/9,55 - dann ist P aber nur in Watt(!). In einem ersten Überschlag kam ich daher auf die lächerliche Größe von 3000Nm - die Tücke mit den 10er-Potenzen - es müssen um die 3 Millionen Nm sein, die hier an Drehmoment übertragen werden. Zahlen sind Schall und Rauch - oder so ähnlich, aber wenn man das Drehmoment eines durchzugsstarken Dieselmotors mit 400Nm kennt, dann wird einem klar, dass man mit diesem Drehmoment locker jeden Ampelstart gewinnen würde. Ja man käme sogar der Vision nahe, dass man an der nächsten Ampel die vorhergehende Grünphase erreichen könnte.... Nichts für ungut, unser TM-Dozent, Herr Warias, wäre bestimmt begeistert, wenn wir hier mal den erforderlichen Wellendurchmesser nachrechnen würden..... aber was soll's, wir kennen ja die verwendete Stahlsorte nicht.... außerdem ist das viel zu realistisch für Übungsrechnungen, die normalerweise mit 15m-Riemenrädern oder Zweizahn-Zahnrädern angesetzt werden.....

Dem Generator schließen sich die drei Niederdruckturbinen an. Dann folgt die Mitteldruckturbine und ganz vorn die Hochdruckturbine, die mir zunächst den höchsten Respekt einflöst. Hier geht der Heißdampf mit ca. 580°C und 280bar rein - puh, da sollte alles dicht sein!!! Ansonsten könnte man wohl mit dem austretenden Dampfstrahl Schnitzel im Akkord schneiden und gleichzeitig garen...

Ja hier steckt in der gesamten Konstruktion gigantische Ingenieursleistung, denn schließlich wird hier mit gewaltigen Kräften und Temperaturen gearbeitet und das Ganze funktioniert zuverlässig und dauerhaft!

Nachträgliche Recherchen haben mir ebenso Respekt vor den Niederdruckturbinen in den Kopf geschmiedet. Hier wird zwar mit wesentlich geringerem Druck gearbeitet, aber die Kräfte, die dabei wirken sind nicht weniger beeindruckend: So kann man leicht nachrechnen: v=U*n=2pi*r*n, sodaß bei 3000 U/min (also 50/s) und einem Radius der Turbinenschaufeln von ca. 1,5m an deren Spitzen eine Umlaufgeschwindigkeit von ca. 470m/s vorhanden ist.

Dies entspricht in etwa der 1,4fachen Schallgeschwindigkeit in Luft - wow. Und es kommt noch besser: Gemäß der Formel a=v²/r ergibt sich hier eine Radialbeschleunigung von ungefär 150.000m/s²!!!

Die Erdbeschleunigung liegt bekanntlich bei 9,81m/s² - hier wirkt also die 15.000-fache Erdbeschleunigung. Bewegen sich auf diesem Umfang mit dieser Geschwindigkeit auch nur 10kg der Turbinenschaufel, dann hängen am Turbinenschaufelfuß allein dadurch 150t!! Vergleiche hierzu sind natürlich auch bei Wiki zu finden. Ich habe dazu meine eigenen Berechnungen gemacht und die tatsächlichen Werte sind womöglich noch etwas unglaublicher. Auf alle Fälle führt nun nachträglich auch das Vorbeigehen an der Niederdruckturbine zu einem unheimlichen Gefühl!

 

Das gigantische Energiepaket verlassend geht es auf das Dach des Blockes in 150m Höhe.

In luftiger Höhe gibt es einen fantastischen Ausblick auf das Kraftwerk mit den Schloten, die demnächst abgerissen werden und die nähere und fernere Umgebung. Ringsherum unheimlich viel Gegend, also fast nur Wald und der Tagebau, der das Kraftwerk mit dem notwendigem Energieträger (Braunkohle) versorgt.

Außerdem haben wir hier auch erfahren, woher die Wetteronkels ihre Wolken nehmen.... Wir waren jedenfalls zeitweise mittendrin, denn die Kühltürme dampften was das Zeug hält.

Weiter gehts, wieder abwärts und an den Fuß des Kessels, in dem das Höllenfeuer tobt, das das Wasser zum Dampfen bringt. Durch Fenster kann man die restlichen Kohleklumpen lodern sehen, kurz bevor sie durch das Rost in den Aschekasten fallen um dort mit Wasser abgelöscht zu werden. Rings um den Kessel weitere monströse Maschinenteile, die von großen E-Motoren angetrieben werden - was solls, wenns hier nicht genug Strom gibt, wo dann - hierbei handelt es sich um die Kohlemühlen, die aus der abgebaggerten Braunkohle einfach mal Kohlenstaub machen, weil der natürlich viel besser verbrennt.

Im Nachbargebäude dann das Herzstück moderner Abgasreinigung - die Rauchgasentschwefelungsanlage. Ein gigantischer Raum mit Reaktoren und Pumpen - irgendwie riechts hier schon bissl nach Chemie. Das passt aber auch zu der Formel, die an einer der Informationstafeln niedergeschrieben ist. Jedenfalls wird hier aus dem bösen Schwefel guter Gips gemacht, der in der Bauindustrie gut gebraucht werden kann....

Apropos Gibbs - gibt'sn hier auch mal was zu mampfen?

Nach soviel technischem Input ist auch dem Ingenieur für Mechatronik nach etwas anderem Input - zum Essen fahren wir nach Bad Muskau. Einige von uns erschrecken etwas, als wir an einem Schild vorbeifahren, auf dem der Hinweis auf die polnische Grenze vermerkt ist. Was wird wohl mit meinem Fahrzeug werden? Kann ich hier parken, ohne mein Auto nach dem Essen als vermisst melden zu müssen?

Nun ja, wir haben alle unsere Autos unbeschadet wiedergefunden und das Essen war doch recht schmackhaft (zumindest an meinem gab es nichts auszusetzen). Auch wurden hierbei die Weichen für den weiteren Verlauf des Nachmittages gestellt. Nach Hinweisen auf eine aktuelle Ausstellung im Ort (Kulturteil) durch den Gastwirt und Abwägung aller weiteren Aktionen bezüglich des Grundes unseres Besuches in der Gegend, fiel die Entscheidung, an den Rand des Tagebaus zu fahren.

Irgendwie passte das auch besser zum Thema des Tages. Während Angehörige einer wiesenfarbenen Partei sicherlich nur Beschimpfungen für das Ganze übrig hätten, hatte für mich der Blick über den Tagebau in der Dämmerung mit den beleuchteten Riesenbaggern und dem Kraftwerk in der Ferne auch etwas sehr Beeindruckendes. Was der Mensch so macht, damit Strom aus der Steckdose kommt...

Apropo Dämmerung - in ca. 5 oder 7 km Entfernung steht ein Kraftwerk mit 1900MW Gesamtleistung, aber Beleuchtung gabs im Treppenhaus des Aussichtsturmes keine! Dadurch gestaltete sich der Auf - und Abstieg als weiteres besonderes Erlebnis mit Suche nach Treppenabsätzen und letzten Stufen...... runterzu gings vielleicht bei einigen einfacher - nachdem in luftiger Höhe der Aussichtsplattform die Flasche mit Konrads Selbstgebranntem die Runde machte. Hierzu kann ich leider keine persönlichen Eindrücke schildern, da ich mich wegen einer leichten Erkältung an dieser nicht beteiligt habe.

 

Den Abschluß fand unser Treffen in einer gemütlichen Gaststätte irgendwo im Grün um Niesky. Niedergelassen an der Tafel, im Kamin das Feuer brannte, was zu Besinnlichkeit animierte. Doch der Tatendrang des Ingenieurs ist allgegenwärtig und so musste die vorhandene Kegelbahn noch einer Nutzung zugeführt werden. Eine besondere Herausforderung stellte hierbei wohl die Bedienkonsole dar, die zunächst an Datas Arbeitsplatz bei Raumschiff Enterprise erinnerte. Folgerichtig waren zeitweise auch mehr Finger als anwesende Ingenieure gleichzeitig am Pult, um der Steuerung Herr zu werden. Naja irgendwie wurde dann eine Einstellung gefunden, mit der sich zwei Mannschaften messen konnten. Die Mannschaft, in der ich meinen Platz gefunden hatte, belegte einen hervorragenden 2. Platz, worauf wir alle, glaube ich, sehr stolz waren. Unvergessen sind auch die Einsätze der Mitglieder unserer gegnerischen Mannschaft. So ist es dem Kollegen Stefan Schmidt durch todesmutiges in die Anlage Klettern gelungen, die Mechanik zu bezwingen, als sich mehrere Kegel etwas verfitzt hatten. Mich hätte nur interessiert, nach wievielen Versuchen die Anlage wohl aufgegeben hätte, die Kegel gerade hinzustellen zu wollen....

Nach soviel Sport gab es dann auch das verdiente Abendessen und anschließend ein paar bebilderte Episoden aus Johnys Rumänienerlebnissen, die schon durch die Art des Vortrages zu einem weiteren Highlight des Abends wurden. Alles in allem ein wunderbares Ehemaligentreffen, das für einige noch bis zum nächsten Morgen andauerte, für einige andere und mich aber an diesem Abend mit der Rückfahrt gen Heimat endete.

Um der Wildnis um Niesky nicht völlig hilflos ausgeliefert zu sein, ließen wir uns vom Kollegen Moche noch bis zu Wegweisern "Autobahn" geleiten. Zum Abschluß wurde dann irgendwo im nirgendwo noch ein Bild von uns gemacht. Wahrscheinlich ist dort selten Besuch aus der Stadt und da muss halt schnell mal 'n Foto her. Der Kollege Roick hatte die Landpaparazzi schon vor mir entdeckt, aber seine Warnung kam zu spät..... Grässlich nur dieses Orange, welches dir einen Punkt ins Sichtfeld zaubert, als hättest du zu lange in die Sonne geguckt und dir damit meterweit die Sicht nimmt...auf diesem Weg ein Dank an den Installateur des Bildautomaten. Die Infopost darüber, ob das Foto auch schön geworden ist, habe ich bis jetzt noch nicht erhalten - die Spannung steigt.....

Ein ernstgemeinter großer Dank geht hiermit an den Initiator und Organisator des Treffens Konrad und natürlich an unseren Mitstreiter Torsten, der uns diesen hochinteressanten Rundgang durch das Kraftwerk ermöglichte. Mal sehen, wohin uns das nächste Ehemaligentreffen verschlägt. Wenn es mir irgendwie möglich ist, werde ich gern wieder mit dabei sein.

André Naumann

IngMech2005

 

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